Fausta Borsani
Chlorpyrifos ist ein berüchtigtes Insektizid, das nebst Schadinsekten sofort auch alle anderen Insekten im Feld vernichtet. Es wird immer noch eingesetzt z.B. im Rebbau gegen die Grüne Rebwanze, im Kartoffelanbau gegen Drahtwürmer oder im Gemüseanbau gegen Erdraupen. Gelangt das Pestizid mit dem Regenwasser oder über die Luft vom Feld in Gewässer werden alle Wasserorganismen getötet oder derart geschwächt, dass sie sich schlechter fortpflanzen. Gefährdet sind zudem Vögel, Kleinsäuger, Bienen und Bodenlebewesen, ohne die es keine langfristige Bodenfruchtbarkeit gibt.
Schädigt ungeborene Kinder
Nachdem die Pestizid-Zulassungsbehörden weltweit jahrzehntelang nur die Giftwirkung auf das Nervensystem des Menschen geprüft haben, hat sich nun herausgestellt, dass Chlorpyrifos schon in viel geringeren Mengen die Gehirnentwickung von Embryonen schädigt. Dies belegen Tierversuche an Ratten und Studien an Kindern. Als Folge dieser Schäden sind die Kinder weniger intelligent.
Die kalifornischen Behörden haben reagiert und einen niedrigeren Grenzwert festgelegt. Die Pestizid-Beurteilungsstelle der Europäischen Union EU, die EFSA, hat es am 28. Juli 2019 offiziell festgestellt[i]: Chlorpyrifos wird als fortpflanzungsgefährdend in die höchste Kategorie 1B eingestuft. Die Zulassungskriterien sind somit nicht mehr erfüllt. Die bestehende Zulassung für Chlorpyrifos läuft in der EU im Januar 2020 aus. Es ist davon auszugehen, dass sie nicht erneuert wird. Zu Recht: Chlorpyrifos kann nämlich dem ungeborenen Kind schweren Schaden zufügen.
Schwangere sollten nur bio essen
Dürfen also Schwangere noch Früchte und Gemüse essen? Sie sollten nur Früchte und Gemüse aus biologischem und keinesfalls solche aus konventionellem Anbau konsumieren. Es nützt auch nichts, wenn sie nur noch Schweizer Erzeugnisse kaufen, denn auch diese werden fleissig weiter mit Chlorpyrifos behandelt. Bis 10‘000 Kilogramm pro Jahr wurden hier in den letzten Jahren in Obstgärten, Reben, Beerenkulturen und Gemüsefeldern ausgebracht. Im Kartoffelanbau etwa darf das Mittel «Ephosin» (mit Wirkstoff Chlorpyrifos) noch bis Ende Mai 2020 weiter verkauft und dann vom Bauern sogar noch bis Ende Mai 2021 aufgebraucht werden. Zudem hat ein Händler von «Pyrinex» (mit Wirkstoff Chlorpyrifos) gerichtlich einen Aufschub des Verbots erwirkt. Keine schöne Sache! Denn bereits beim Essen einer Handvoll an (rechtmässig) belasteten Früchten oder Gemüse wird die von den kalifornischen Zulassungsbehörden festgelegte maximale Menge für die tägliche Aufnahme in den Körper überschritten. Die Schweizer Behörden hinken wie so oft etwas hintendrein und ihr Grenzwert berücksichtigt noch keine Schäden an Embryonen.
Die Sache mit dem Verbot wird nun vor Bundesverwaltungsgericht ausgefochten. Mehrere Umweltverbände unterstützen die Position des BLW. Glaubt das Bundesverwaltungsgericht den kalifornischen Behörden und der EFSA oder lässt es sich überzeugen von den Pestizidfirmen, die das Offensichtliche bestreiten?
[i] EFSA, Statement on the available outcomes of the human health assessment in the context of the pesticides peer review of the active substance chlorpyrifos, 31. Juli 2019 (http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5809