Fausta Borsani
Als Mikroplastik bezeichnet man Plastikteilchen mit einem Durchmesser von weniger als 5 Millimeter. Das deutsche Fraunhofer Institut hat die Mengen, die im Durchschnitt pro Person und Jahr in die Umwelt gelangen, ausgerechnet.
Menge von Mikroplastik in der Umwelt, Zahlen für Deutschland)[1]
Quelle | Jährliche Menge pro Person (in Gramm) |
Reifenabrieb von Autos, Lieferwagen, Lastwagen etc. | 1’229 |
Abfallentsorgung | 303 |
Asphalt | 228 |
Kunststoffgranulat | 182 |
Sport- und Spielplätze | 132 |
Baustellen | 117 |
Schuhsohlen | 109 |
Kunststoffverpackungen | 99 |
Fahrbahnmarkierungen | 91 |
Textilwäsche | 77 |
Total | 2‘567 |
So ist es nicht verwunderlich, dass es kürzlich auch in menschlichen Stuhlproben gefunden wurde[2]. Im globalen Durchschnitt nimmt ein Mensch pro Woche bis zu fünf Gramm Mikroplastik auf – soviel wie eine Kreditkarte. Quellen für solche Plastikpartikel sind z.B. Scampi, Garnelen oder Muscheln, die mitsamt den inneren Organen verzehrt werden. Plastik enthält zudem meist andere Giftstoffe wie Weichmacher, Styrol-Verbindungen und Phthalate. Viele davon gelten als krebserregend oder sind hormonell aktiv. An der Oberfläche von Mikropartikeln lagern sich zudem andere organische Stoffe an, darunter viele langlebige, schwer abbaubare Umweltgifte, z. B. chlorierte Kohlenwasserstoffe von Pestiziden[3]. Gelangt Mikroplastik im Körper von Menschen und Tieren entfalten diese angelagerten Gifte ihre toxische Wirkung im Stoffwechsel oder in den einzelnen Zellen.
Achtung Reifenabrieb!
Reifenabrieb hat bei weitem den grössten Anteil von etwa 50 Prozent beim Mikroplastik in der Umwelt! Da ist also Vorsicht geboten. Anlass zu Besorgnis gibt insbesondere, dass Autoreifen rund 24 Prozent und Lastwagen 14 Prozent sogenanntes «Synthese-Kautschuk» auf Erdölbasis enthalten[4]. Reifenabrieb gelangt in grossen Mengen in Form sehr feiner Partikel in die Umwelt und auf Nahrungsmittel (z.B. auf ein Salatfeld)[5]. Wir atmen solche Teilchen ein oder nehmen sie über kontaminierte Nahrung auf. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Molekülabschnitte oder ganze Partikel in die Lymphe oder ins Blut aufgenommen werden und unsere Gesundheit gefährden, insbesondere weil Synthese-Kautschuk aus aromatischen Kohlenwasserstoffen besteht, die tendenziell als krebsfördernd gelten.
Was tun? Mobilität verringern, Abfälle einsammeln!
Als Konsumentin oder Konsument haben wir viele Möglichkeiten, den Ausstoss an Mikroplastik in die Umwelt zu verringern[6]. Betreffend Reifenabrieb von Autos, Lieferwagen, Lastwagen etc. lohnt es sich, weniger Kilometer mit diesen Verkehrsmitteln zu fahren: heisst den öffentlichen Verkehr nutzen, Velos oder die eigenen Füsse bevorzugen, keine Kleinmengen im Internet bestellen, die mit Lastwagen angeliefert werden usw. Auch das Einsammeln von Abfall – ob eigenem oder fremdem – vermindert die Plastikbelastung der Umwelt.
Einkauf ohne Plastik
Schliesslich der Einkauf: Ja es ist sinnvoll, möglichst wenig in Kunststoff-Verpackungen zu kaufen, selbst wenn diese bei uns in der Kehrichtverbrennung landen und dadurch kein Mikroplastik in der Umwelt gelangt. Denn Plastikverpackungen enthalten giftige Zusätze, die zwar in kleinen Mengen, aber stetig in die Nahrung gelangen. Sodann lohnt es sich, Textilien aus Baumwolle, Wolle, Seide, Hanf, Leinen oder Viskose zu kaufen, da sonst die nicht abbaubaren Kunstfasern über die Waschmaschine und die Abwasserreinigungsanlage in unsere Gewässer gelangen. Dem Mikroplastik in Kosmetikartikel (Shampoo, Duschgel, Zahnpasta, etc.) schliesslich kann man bestens ausweichen, indem man keine solche kauft und auf Naturkosmetik setzt.
Wo bleibt die Schweiz?
Verschiedene Länder haben bereits Massnahmen ergriffen. So haben beispielsweise die USA, Grossbritannien, Kanada und Neuseeland den Verkauf kosmetischer Produkte mit Mikropartikeln verboten. Auch die EU ergriff bereits im Januar 2018 Massnahmen zur Reduktion von Mikroplastik und schlug im Mai 2018 ein Verbot der 10 häufigsten Einweg-Plastikartikel vor. Die Schweiz hingegen sieht bisher keinen Handlungsbedarf. Der Bundesrat lehnt ein Verbot ab – Mikroplastik sei nicht gefährlich. Auch beim EU-Plastikverbot will die Schweiz nicht nachziehen.
Weitere Quelle: https://www.konsumentenschutz.ch/mikroplastik-was-tun-gegen-das-problem/
[1] https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/fraunhofer-identifiziert-quellen-von-mikroplastik-983/
[2] https://science.orf.at/stories/2943085/
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Mikroplastik
[4] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/377/dokumente/stoffstrom_altreifen_tyr.pdf
[5] Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Verkehrstechnik, Heft V 165:
Ermittlung des Beitrages von Reifen-, Kupplungs-, Brems- und Fahrbahnabrieb an den PM10 Emissionen von Strassen, S. 9 (https://bast.opus.hbz-nrw.de/opus45-bast/frontdoor/deliver/index/docId/215/file/V165.pdf)
[6] Vgl. dazu etwa die Ideen auf der Website des WWF (https://mobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Report-Aufnahme_von_Mikroplastik_aus_der_Umwelt_beim_Menschen.pdf)