Spinnenphobie bei der Schweizerischen Südostbahn?

Die Schweizerische Südostbahn (SOB) betreibt südlich und östlich vom Zürichsee ein Eisenbahnnetz mit 33 Stationen und vielen Fussgängerunterführungen. Dessen Beleuchtung zieht Insekten an und diese wiederum Spinnen. Unter dem Personal der SOB befinden sich offenbar viele Menschen, die davor grosse Angst haben. Denn die SOB setzt in ihren Unterführungen als einziges Bahnunternehmen der Schweiz das giftige Spinnenmittel Adesectin ein.
Spinnenphobie bei der SOB
Spinnenphobie bei der SOB? Bild: Pixabay
September 25, 2021

Fausta Borsani

Nicht schlecht staunte Frau Martha Michel[1], Tierärztin, als sie an einem Morgen um zirka 11 Uhr bemerkte, dass Angestellte der SOB die Wände und Böden einer Unterführung in Samstagern mit einem Gift bespritzten. Auf Anfrage bei der SOB erfährt sie, dass es sich dabei um Adesectin handelt. Adesectin enthält das giftige Insektizid Deltamethrin.

«Nur äusserst vorsichtig»

Martha Michel ist besorgt und sagt dem Verein ohneGift: «Ich selber setze als Tierärztin Mittel mit Deltamethrin gegen Parasiten nur äusserst vorsichtig ein und nur, wenn der Befall mit Weidefliegen bei Wiederkäuern sehr hoch ist». Da diese weiden, ist die Gefahr der Freisetzung in die Umwelt sehr hoch. Und dass Mittel mit Deltamethrin mit Risiken behaftet sind, zeigen die Warnhinweise, die Adesectin begleiten: Adesectin könne allergische Hautreaktionen verursachen, man solle den Sprühnebel keinesfalls einatmen, sowie Schutzhandschuhe tragen. Adesectin sei zudem «giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung». Dasselbe gilt auch für Bienen und – Adesectin dürfe keinesfalls in die Hände von Kindern gelangen.

Lange wirksames Mittel

In der Tat ist Delthametrin nicht harmlos, weder für die ungeliebten Spinnen und Insekten noch für Wasserorganismen und auch nicht für Menschenskinder etwa, die vielleicht mit den Händen an die Wände der Unterführung gelangen und diese dann an den Mund führen. Das Mittel bleibt lange wirksam und vergiftet Spinnen für zirka ein halbes Jahr. Die Behandlung wird laut SOB einmal im Jahr wiederholt. Wenn Wasser in die Unterführung gelangt, ist ein Abschwemmen in Gewässer zumindest denkbar.

[1]            Name von der Redaktion geändert.

Nur die SOB setzt es ein

Merkwürdig ist, dass kein anderes Bahnunternehmen der Schweiz sich gezwungen sieht, Gift gegen Spinnen einzusetzen, wie eine Umfrage des Vereins ohneGift zeigt. Der Verein ohneGift rät deshalb der SOB dringend davon ab, weiterhin Adesectin einzusetzen. Stattdessen sollten etwaige Spinnenphobien der SOB-Verantwortlichen therapeutisch behandelt werden. Zum Schutz der Umwelt, der Menschen und nicht zuletzt der Spinnen, die eine wichtige ökologische Funktion haben.

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