Asulam - die Behörden spielen Vogel Strauss

Asulam ist in der EU nicht zugelassen, weil es als gefährlich für die menschliche Gesundheit gilt: einerseits stört es wahrscheinlich das menschliche Hormonsystem und andererseits ist sein erstes Abbauprodukt ein Antibiotikum und fördert Antibiotikaresistenzen. Diese aber erschweren die Behandlung von bakteriellen Krankheiten.
Die behörden spielen Vogel Strauss. Bild: Pixabay
Dezember 9, 2021

Fausta Borsani

Die Anwendung von Herbiziden mit dem Wirkstoff Asulam auf Wiesen und Weiden konnte vor ein paar Jahren das Vorhandensein von Sulfanilamid in gewissen Schweizer Bienenhonigen erklären[1]. OhneGift hat schon mehrmals gefordert, dass Asulam auch in der Schweiz verboten wird. Nach einer neuen Bestimmung vom 1. Januar 2021 in der Pflanzenschutzmittelverordnung, müssen Wirkstoffe, die in der Europäischen Union zurückgezogen werden, auch in der Schweiz verboten werden. Eine Nationalrätin wollte dazu vom Bundesrat wissen, warum in der Schweiz nichts geschieht. In seiner Antwort versteckte sich der Bundesrat hinter dem Formalismus, das europäische Asulam-Verbot sei eben vor dem Inkrafttreten dieser neuen Bestimmung erfolgt. Darum müsse hierzulande nichts getan werden. Steckt da jemand den Kopf in den Sand? Ist das gute Verwaltungsarbeit?

Die Haltung des Bundes ist unverständlich, insbesondere wenn sich die Gefährlichkeit von Asulam auf lange Sicht bestätigen würde. Asulam ist nicht unmittelbar giftig, entwickelt jedoch auf lange Sicht möglicherweise eine krebserregende Wirkung, weil es die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt[2].

[1] https://www.agrarforschungschweiz.ch/wp-content/uploads/2019/12/2005_06_1097.pdf
[2] https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2021.6921

Asulam wäre nicht die erste Chemikalie, die erst mit der Zeit ihre giftige Fratze zeigt: Das seit den 1940er Jahren eingesetzte, aber erst seit 1986 vollständig verbotene PCB (polychloriertes Biphenyl) ist ein gutes Beispiel dafür. PCB ist nicht akut giftig, aber schlecht abbaubar und reichert sich in der Nahrungskette an. Längere Zeit wurde es als vielseitige und billige Bauchemikalie breit eingesetzt. Inzwischen ist PCB in der Umwelt überall vorhanden und wird täglich in kleinen Mengen mit der Nahrung aufgenommen. Die gesundheitlichen Auswirkungen von chronischen PCB-Belastungen sind schwer abzuschätzen. Eine starke reproduktionstoxische Wirkung ist nachgewiesen. Die Beeinflussung der Schilddrüsenhormone und Folgeeffekte auf die Entwicklung des Gehirns werden diskutiert. Tönt nicht gerade beruhigend. PCB ist aber bereits überall. Und das gilt für viele weitere (Umwelt-)Gifte.

Wie oft sollen wir das noch mitmachen?

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