PFAS - gefährliche Beistoffe von Pflanzenschutzmitteln verschmutzen Umwelt

Eine bislang kaum beachtete, aber weit verbreitete Gruppe von Fluor-Chemikalien (PFAS) macht Fachkreisen und Behörden zu schaffen. Studien der ZHAW und des Kanton St. Gallen zeigen, dass unsere Böden und Gewässer verbreitet mit PFAS belastet sind. PFAS sind kaum abbaubar und werden darum als «forever chemicals» bezeichnet. Sie reichern sich in der Umwelt und in der Nahrungskette an und sind gefährlich für Mensch und Tier. PFAS sind in vielen Alltagsprodukten enthalten. Sogar Pflanzenschutzmitteln werden sie scheinbar beigemischt; als sogenannte Beistoffe, die keiner Bewilligung bedürfen. ohneGift fordert, dass alle Pflanzenschutzmittel auf PFAS getestet und gegebenfalls vom Markt genommen werden.
Abbildung 1: Konzentration der in den 146 Bodenproben gemessenen Substanzen PFAS und ihre räumliche Verteilung in der Schweiz (ZHAW Wädenswil 2023)

19. April 2023, Georg Odermatt

Die Stoffgruppe der PFAS (per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) umfasst über 10‘000 verschiedene Verbindungen. Nun hat die ZHAW Wädenswil erstmals systematisch die Gehalte von 32 PFAS-Verbindungen in Schweizer Böden untersucht und ausgewertet. Die beiden Verbindungen PFOA (Perfluoroktansäure) und PFOS (Perfluoroktansulfonsäure) wurden dabei in allen 146 Proben aus Oberböden gefunden (Abb. 1). Bei den Messungen wurden nicht etwa «verdächtige» Standorte abgeklärt, sondern landesweit «normale» Böden untersucht. Total fanden sich in 80 Prozent der Böden zwischen 0.5 und 4.1 Mikrogramm PFAS pro Kilogramm Boden (Trockengewicht). 4.1 Mikrogramm entsprechen 441 Zuckerkörnern. Das ist eine grosse Menge. Am häufigsten war die hochgiftige Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) [1].

. Der Kanton St. Gallen untersuchte 55 Bäche und Flüsse und fand in drei Vierteln PFAS in einer Konzentration über dem chronischen Qualitätskriterium von 2 Nanogramm/Liter. Zwei Nanogramm (etwa 1/100 eines Zuckerkorns) mögen zwar als gering erscheinen, aber die Toxizität von PFAS ist leider so hoch, dass schon dies für Wassertiere oder Menschen bedenklich ist. In untersuchten Bachforellen wurden 14 verschiedene PFAS nachgewiesen. Rund ein Drittel der Fische wies eine PFOS-Konzentration auf, die für fischfressende Vögel und Säugetiere problematisch sein kann. [2]

Doch was sind die Quellen? PFAS wurden und werden fast überall verwendet. Es gibt buchstäblich tausende von Anwendungen, etwa in Backpapier, Skiwachs, Klimaanlagen, Feuerlöschschaum, Kleidern, galvanischen Betrieben.

Eine der verhängnisvollsten Anwendungen ist aber wohl die Beimischung zu Pflanzenschutzmitteln (PSM) als sogenannter Beistoff, was nicht einmal einer Bewilligung bedarf, weil der Staat zu wenig aufmerksam war. In Pflanzenschutzmitteln dien(t)en PFAS als Benetzungsmittel oder zur Verhinderung von Schaumbildung im Spritzfass. Durch das Ausbringen der PSM im Kulturland werden sie sehr «effizient» in der Umwelt verteilt. Durch Versickerung wird zudem das Grund- und Trinkwasser kontaminiert [3]..Es ist derzeit unbekannt, welcher Anteil der PFAS in den Böden aus dem Pflanzenschutzmitteleinsatz stammt. Ebenso unbekannt ist, welche PFAS in PSM waren und heute noch sind, denn verboten sind erst wenige der 10‘000 verschiedenen Varianten.

Der Verein ohneGift fordert deshalb, dass

  • die aktuell zugelassenen rund 4’000 verschiedenen Pflanzenschutzmittel auf PFAS untersucht werden
  • die Verwendung von PFAS in Pflanzenschutzmittel verboten wird
  • Beistoffe in Pflanzenschutzmitteln einer Bewilligung bedürfen, soweit es sich nicht um nachweislich harmlose Stoffe handelt (Positivliste)
  • abgeklärt wird, welcher Anteil der Belastung von Böden mit PFAS aus Pflanzenschutzmitteln stammt. Hierzu sind nebst den 32 untersuchten PFAS (vgl. oben) zusätzliche Analysen zu den PFAS anzustellen, die effektiv in Pflanzenschutzmitteln verwendet wurden.

PFAS sind Moleküle, die aus Kohlenstoff-, Fluor- und teils weiteren Elementen bestehen. Kennzeichnend ist, dass die Kohlenstoffatome je 2 bis 3 Fluoratome tragen.

Perfluoroktansulfonsäure

Die Kohlenstoff-Fluor-Bindung ist eine der stärksten in der organischen Chemie und macht PFAS sehr stabil und schwer abbaubar. PFAS haben eine hohe Persistenz und können sich in der Umwelt und in Organismen anreichern. Viele sind toxisch und können unsere Gesundheit beeinträchtigen. Sie können über die Nahrungskette in unsere Nahrungsmittel und schliesslich in unseren Körper gelangen. Die Substanzen sammeln sich vor allem in proteinreichen Teilen des Körpers an, wie beispielsweise dem Blut und in gut durchbluteten Organen wie der Leber, den Nieren, aber auch in den Hoden oder im Hirn oder in der Plazenta, und gelangen damit auch in die Muttermilch. PFAS können viele Jahre im menschlichen Körper verbleiben [4]. Eine hohe Belastung mit PFAS kann zu gesundheitlichen Problemen wie erhöhten Cholesterinwerten, Schilddrüsenproblemen, Leber- und Nierenproblemen sowie hormonellen Störungen führen. Die Krebsgefahr durch PFAS gilt mittlerweile als erwiesen. [5]

In einem nächsten Artikel werden wir näher auf die Giftwirkung eingehen.

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