Ein Gesundheitsrisiko für Menschen bilden PFAS nach der European Food and Safety Agency (EFSA, 2020) schon ab einer Summe von 4.4 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Woche (genannt «Tolerierbare Aufnahmemenge») [1]. Eine 70 kg schwere Person sollte damit pro Woche nicht mehr PFAS als einen
Dreitausendstel (3/1000) des Gewichts eines Zuckerkorns
aufnehmen. Die heutigen Belastungswerte betragen ein Vielfaches davon (siehe Kasten unten: «Vergleich zu PCB»).
1 Nanogramm (ng) ist ein Milliardstel Gramm (= 10-9 Gramm) Dies entspricht dem Gewicht von 1/100’000 eines Zuckerkorns. |
Für Gewässerorganismen ermittelte das Ökozentrum der EAWAG einen Grenzwert für die chronische Belastung (chronisches Qualitätskriterium, 2011) von 2 ng/l [2]. Derart kleine Konzentrationen sind analytisch schwer zu messen, vor allem auch, weil es Tausende verschiedener PFAS gibt. Klein heisst aber nicht harmlos. Künftig wird das Bundesamt für Umwelt (BAFU) auch PFAS in das NAWA-Programm (Nationale Beobachtung Oberflächenwasserqualität) aufnehmen müssen, um die Situation zu erfassen Bei Altlasten wird es zunehmend zum Standard, auch PFAS zu messen (woran noch vor wenigen Jahren niemand dachte).
Vergleich zu PCB: Bei PCB liegt die tolerierbare Aufnahmemenge bei 2 Pikogramm (2 x 10-12 Gramm) pro Kilogramm Körpergewicht und Woche [3]. Das ist zwar rund 2’000-mal weniger als bei PFAS. Allerdings sind diese auch viel verbreiteter als PCB. Dadurch wird die tolerierbare Aufnahmemenge bei PCB in Europa bei einer Durchschnittperson bis zu 5-mal überschritten [1], bei PFAS jedoch 3 bis 22-mal [4], weshalb die von PFAS ausgehenden Gefahren für die Gesundheit sogar höher sind als bei PCB. PCB wurde ab 1970 verboten. Seither ist die Belastung deutlich gesunken. Bei den PFAS sind erst einzelne der mehreren Tausend Varianten verboten. |
Gesundheitliche Auswirkungen einer dauernden Belastung mit PFAS
PFAS sind endokrine Disruptoren [5]. Daher schaden sie dem Hormonsystem bereits in kleinsten Mengen (https://ohnegift.ch/2020/07/22/frauenfeindliche-gifte). PFAS greifen über diesen Weg die Fortpflanzungsorgane von Frauen und Männern an. So zeigte eine Studie mit 300 Teilnehmerinnen, die kürzlich veröffentlicht wurde, dass die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden, für Frauen mit einer PFAS-Belastung, die 25% über dem Durchschnitt lag, 40 Prozent geringer war [6]. Andere Studien bringen PFAS mit Schäden am ungeborenen Kind in Verbindung wie späterere Neigung zu Fettleibigkeit und Diabetes [7]. Ein schlimmes Beispiel aus Europa bildet die PFAS-Verschmutzung des Trinkwassers in Trissino (Venetien) durch den inzwischen konkursiten Chemiekonzern «Miteni». Dort treten gehäuft auf: tiefere Spermienzahl der Nachkommen [8][9], Diabetes Mellitus, zerebrovaskuläre Erkrankungen, Herzinfarkt, Alzheimer und vorzeitiger Tod [10].
Vergleich zu PCB: Im Vergleich dazu ist bei chronischer PCB-Belastung mit den folgenden Schäden zu rechnen (unterstrichen: auch bei PFAS): · Auswirkungen auf das Nervensystem [17] · Krebs (Leberkrebs, Lungenkrebs und Brustkrebs) [18] · Schädigung Hormonstoffwechsel, v.a. Schilddrüse [19] · Leberschäden [20] · Immunsystem [21] |
Wo bleibt das Verbot von PFAS?
PCB wurde 1970 verboten. Danach dauerte es über 30 Jahre, bis eine langsame Verbesserung der Belastung eintrat. Noch heute misst man PCB bis auf die höchsten Berggipfel und im arktischen Eis.
Es ist nicht zu verkennen: Zwischen PCB und PFAS bestehen grosse Gemeinsamkeiten. Die EU prüft derzeit ein Verbot sämtlicher PFAS aufgrund eines Vorschlages von Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden und den Niederlanden. Darum fordert auch ohneGift ein rasches Verbot dieser hochgefährlichen Industriechemikalien in der Schweiz.
Quellen:
[1] https://www.efsa.europa.eu/de/news/pfas-food-efsa-assesses-risks-and-sets-tolerable-intake
[3] https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/dioxins-and-related-pcbs-tolerable-intake-level-updated
[4] https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/6223
[6] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0048969723008835
[7] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7473499/
[8] https://utopia.de/news/geringe-spermienqualitaet-studie-neue-ursache/
[10] https://academic.oup.com/eurpub/article/28/1/180/3852033
[11] https://www.eea.europa.eu/themes/human/chemicals/emerging-chemical-risks-in-europe
[12] https://www.atsdr.cdc.gov/toxprofiles/tp.asp?id=1117&tid=237
[14] https://doi.org/10.1289/ehp.1306615
[15] https://doi.org/10.1016/j.reprotox.2009.02.012
[16] https://doi.org/10.1289/ehp.1002741
[18] https://www.google.com/search?client=safari&rls=en&q=pcb+leberkrebs+studie&ie=UTF-8&oe=UTF-8
[19] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4298313/
[20] https://www.fr.ch/de/rimu/pila/auswirkungen-der-pcbs-auf-die-gesundheit