Azol-Fungizide: Wie der Einsatz in der Landwirtschaft unsere Gesundheit beeinflusst

Antibiotikaresistenzen sind ein bekanntes globales Gesundheitsproblem – doch weniger beachtet wird die wachsende Resistenz von Pilzen gegenüber lebenswichtigen Medikamenten. Besonders betroffen ist Aspergillus fumigatus, ein weit verbreiteter Schimmelpilz, der schwere Lungeninfektionen verursachen kann. Ein zentraler Faktor für diese Resistenzentwicklung ist der grossflächige Einsatz von Azol-Fungiziden in der Landwirtschaft und der Industrie. Während Azole zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten eingesetzt werden, fördern sie gleichzeitig Resistenzen bei Pilzen, die auch Menschen infizieren können. Die Folge: Medikamente wie Itraconazol oder Voriconazol, die zur Behandlung eingesetzt werden, verlieren an Wirksamkeit – mit potenziell lebensbedrohlichen Konsequenzen.
Pestizidausbringung im Feld
Der Einsatz von Fungiziden (z.B. Azol-Wirkstoffe) in der Landwirtschaft. Bild: Pixabay, @maxmann

Das Wichtigste in Kürze:

  • Azol-Resistenzen bedrohen die Wirksamkeit lebenswichtiger Medikamente.
  • Der nicht-medizinische Einsatz von Azolen in der Landwirtschaft und der Industrie ist ein wesentlicher Treiber der Resistenzentwicklung.
  • Eine ganzheitliche Strategie ist notwendig, um die Resistenzentwicklung einzudämmen.

Der Verein ohneGift fordert:

Der Einsatz von Azol-Fungiziden in der Landwirtschaft soll minimiert werden, damit die Resistenzbildung von Aspergillus-Arten eingedämmt werden kann. Es muss sichergestellt werden, dass medizinische Behandlungen mit Azol-Fungiziden wirksam bleiben. 

Hintergrund

Azol-Fungizide werden zur Bekämpfung von Schimmelpilzen eingesetzt. Sie sind in der EU und in der Schweiz als PflanzenschutzmittelBiozide (bspw. in Holzschutzmitteln) und Industriechemikalien zugelassen, werden allerdings auch als Arzneimittel für Menschen und Tiere angewendet. In der Natur sind die Pilze häufig in der Gattung Aspergillus (A. fumigatusA. flavusA. terreus und A. niger) anzutreffen. Aspergillus fumigatus ist hauptverantwortlich für schwere Atemwegsinfektionen wie z.B. die invasive Aspergillose. Behandelt werden kann die Krankheit mit Azol-Medikamenten wie z.B. Itraconazol und Voriconazol. Alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt es kaum. Aspergillus kann Resistenzen gegen Azolfungizide entwickeln, wodurch die Wirksamkeit von Azol-Medikamenten verringert wird. Dies führt dazu, dass die Sterblichkeitsrate bei einer Infektion mit azolresistentem A. fumigatus zwischen 36 und 100% liegt.1

Ein aktueller Bericht der European Food Safety Authority (EFSA)1 untersucht erstmals umfassend, welchen Einfluss der nicht-medizinische Einsatz von Azolen z.B. als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft auf die Entwicklung resistenter Aspergillus-Stämme hat. Ihre Ergebnisse zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen dem Ausbringen von Azol-Fungiziden in die Umwelt und der Entwicklung von Resistenzen verschiedener Aspergillus-Stämme. Dabei sind insbesondere die belegten Kreuzresistenzen (gleichzeitige Resistenz gegen mehrere ähnlichen Stoffe) von A. fumigatus gegenüber medizinischen Azolen hochproblematisch. Der Bericht bezieht sich auf die EU, allerdings werden auch in der Schweiz Azol-Resistenzen immer häufiger.2

Hoher Einsatz von Azolen als Pflanzenschutzmittel

Zwischen 2010 und 2021 wurden in der EU rund 120’000 Tonnen Azole für nicht-medizinische Zwecke verkauft. Davon wurden 119’000 Tonnen als Pflanzenschutzmittel eingesetzt.1

Landwirtschaft als treibende Kraft von Azol-Resistenz 

Es gibt zwei unterschiedliche Wege wie Azolresistenzen entstehen können (Abbildung 1). Bei einer Infektion mit (nicht-resistenten) Azol-Sporen kann sich durch die medizinische Behandlung mit Azol-Medikamenten eine Resistenz direkt im Patienten oder in der Patientin entwickeln. Resistenzen entstehen aber vorwiegend bei der Ausbringung von Pestiziden und Bioziden in die Umwelt. Diese resistenten Sporen verbreiten sich in der Umwelt und können Menschen infizieren. Eine Infektion mit solchen resistenten Stämmen ist schwer zu behandeln, da gängige Azol-Medikamente nicht mehr wirken.1

Abbildung 1: Azolresistenz bei A. fumigatus – medizinische und umweltbedingte Ursachen. Bild @EFSA (2025)

Die grössten Risikofaktoren zur Förderung von Azol-Resistenzen sind der landwirtschaftliche Einsatz von Azol-Fungiziden und deren Verwendung als Biozide (Abbildung 2). In der Landwirtschaft werden Azole als Pestizide eingesetzt. Der Umgang mit den behandelten Grünabfällen ist ein entscheidender Faktor bei der Resistenzbildung. Besonders problematisch sind dabei Ernteabfälle oder Pflanzenreste, die zur Kompostierung gelagert werden. Azole werden auch als Biozide eingesetzt, beispielsweise als Holzschutzmittel. Somit stellt Holz, welches mit Azol behandelt wurde, ebenfalls ein potenzielles Risiko für die Resistenzbildung in den Pilzen dar.1 Mögliche Massnahmen, die ergriffen werden können, um die Bildung und Ausbreitung von Azol-Resistenzen zu verhindern, werden im Kapitel «Mögliche Massnahmen» aufgezeigt.

Abbildung 2: Risikofaktoren, Hotspots und Massnahmen zur Eindämmung von Azolresistenz von A. fumigatus. Bild @EFSA (2025)

Einsatz von Azolen als Pestizide in der Schweiz

In der Schweiz werden pro Jahr durchschnittlich ca. 24’000 kg Azole als Pestizide verkauft. Die Verkaufsstatistik wird dominiert von den drei Hauptwirkstoffen Difenoconazol, Prothioconazol und Tebuconazol.3 Ein weiterer Wirkstoff – Mefentrifluconazol – wurde vor kurzem zugelassen und in das Pflanzenschutzmittelverzeichnis aufgenommen. Dieser gilt zusätzlich als eine Per- und polyfluorierte Alkylverbindung (PFAS).4 Über die Schädlichkeit von PFAS haben wir bereits mehrfach berichtet, beispielsweise in einem Interview mit Basil Thalmann oder einem Artikel über Trifluoracetat (TFA). Weitere vier Azol-Fungizide sind auch als Biozide zugelassen, z.B. in Holzschutzmitteln.5 Für Biozide müssen die Vertreiber die Verkaufsmengen erst seit dem Jahr 2024 dem BAFU angeben, währenddessen dies bei Pflanzenschutzmitteln bereits seit 10 Jahren der Fall ist. Daher kann erst ab Ende 2025 mit konkreten Zahlen über die Verkaufsmenge von Bioziden gerechnet werden. 6

Mögliche Massnahmen

Um die zunehmende Azolresistenz bei Aspergillus-Arten, insbesondere bei A. fumigatus, wirksam zu bekämpfen, ist eine ganzheitliche Strategie erforderlich. In der Landwirtschaft sollte der Einsatz von Azol-Fungiziden begrenzt und die Forschung für alternative Pflanzenschutzmittel intensiviert werden. Zudem sollten mit Azol behandelte organische Abfälle (bspw. Grünabfälle oder Holzreste) kontrolliert und isoliert von der Umwelt gelagert werden, um die Verbreitung möglicher Resistenzen zu verhindern. Bei mit Azolen behandeltem Holz sollte darauf geachtet werden, dass es bei der Lagerung nicht mit Kompost vermischt wird. Eine getrennte Lagerung und anschliessendes Verbrennen des behandelten Holzes, sollte die Verbreitung von Resistenzen minimieren. Es wird zudem empfohlen Anwender:innen von Azolen über mögliche Risiken zu informieren. 

Im medizinischen Bereich sind eine verbesserte Diagnostik, eine engmaschige Überwachung und eine Sensibilisierung entscheidend. Gleichzeitig muss die Forschung neue Antimykotika (Mittel zur Behandlung oder Vorbeugung von Pilzinfektionen) mit alternativen Wirkmechanismen entwickeln. Auch der Einsatz von Bioziden, insbesondere die Azol-Konzentration in Holzschutzmitteln, sollte minimiert und deren Entsorgung verbessert werden. Schliesslich sollten im Zulassungsverfahren in der EU und in der Schweiz neue Fungizide vor ihrer Genehmigung auf Kreuzresistenzen mit medizinischen Antimykotika geprüft werden. 1

Fazit

Der übermässige Einsatz von Azol-Fungiziden in der Landwirtschaft und Industrie fördert die Entwicklung resistenter Stämme und untergräbt die Wirksamkeit lebenswichtiger Medikamente. Da es kaum alternative medizinische Behandlungsmöglichkeiten gibt, ist ein Umdenken dringend erforderlich. Eine ganzheitliche Strategie mit strengeren Regulierungen, optimierter Anwendung und verstärkter Forschung ist notwendig, um die Resistenzentwicklung einzudämmen und die Wirksamkeit von Antimykotika langfristig zu sichern. Insbesondere ein minimierter Einsatz in der Landwirtschaft und der Industrie könnte der Problematik entgegenwirken.


1 EFSA (2025): PLS: Azole resistance in Aspergillus spp.

2 Imhof, Schneemann und Schaffner (2005): Medikamente zur Therapie von invasiven Pilzinfektionen

3 BLW (2025): Verkaufsmenge der Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe

4 Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV (2024): Pflanzenschutzmittelverzeichnis – Wirkstoff: Mefentrifluconazol

5 BAG – Anmeldestelle für Chemikalien (2023): Liste mit den Bioziden Wirkstoffen

6 BAG – Anmeldestelle für Chemikalien (2024): Mitteilungspflicht für die Mengen von in Verkehr gebrachten Biozidprodukten

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