Die zentralen Punkte, die der Verein ohneGift bei der Vernehmlassung eingebracht hat:
- Mehrwert für die Umwelt
Der Gesetzesentwurf verlangt, dass «die Pflanzen gegenüber Pflanzen aus herkömmlicher Züchtung für die Landwirtschaft, die Umwelt oder die Konsumentinnen und Konsumenten einen Mehrwert aufweisen». Der Verein ohneGift kritisiert die «oder»-Formulierung und verlangt, dass Pflanzenzüchtungen mit neuen gentechnologischen Verfahren zwingend einen Mehrwert für die Umwelt haben müssen. Ob ein Mehrwert für die Landwirtschaft oder die Haushalte besteht, entscheidet sich am Markt. Dies ist bei der Umwelt anders; kein Markt verhindert, Pflanzen anzubauen, die der Umwelt schaden können. Ein zwingender Mehrwert für die Umwelt ergibt sich auch aus der Bundesverfassung (BV): Art. 104 Abs. 1 Bst. b BV verlangt, dass die Landwirtschaft einen Beitrag zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen leistet, Art. 73 und 74 BV verlangen den Schutz der Umwelt, Art. 76 BV den Schutz des Wassers und Art. 78 BV den Schutz der Natur. Der Verein ohneGift will Züchtungen verhindern, die finanzielle Vorteile für die Landwirtschaftsbetriebe bringen, jedoch der Umwelt und damit auch den Menschen schaden.
- Nachweislich kein transgenes Erbmaterial
Das Gesetz schreibt vor, dass die Pflanzen aus neuen Züchtungstechnologien kein Erbmaterial von anderen Pflanzen (kein transgenes Erbmaterial) enthalten dürfen. Dies muss die Zulassungsbehörde im Bewilligungsverfahren prüfen. Der Verein ohneGift verlangt, dass der Gesuchsteller diesen Nachweis mittels Analyse und Vergleich des Genoms der Ausgangspflanze und der veränderten Pflanze erbringt und die Herkunft der veränderten Gene offenlegen muss.
- Transparente Kennzeichnung
Im aktuellen Gesetzesentwurf ist vorgesehen, Produkte, die mit neuen gentechnologischen Verfahren hergestellt wurden, entweder mit den Worten «aus neuen Züchtungstechnologien» oder «aus neuen genomischen Verfahren» zu kennzeichnen. Der Verein ohneGift verlangt eine unmissverständliche GVO-Deklaration, um die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten zu gewährleisten. Durch die Ergänzung GVO mit arteigenem Erbmaterial könnten zusätzliche Klarheit und Transparenz geschaffen werden.
- Keine parallelen Regulierungen
Gentechnische Methoden in der Pflanzenzüchtung sind heute im Bundesgesetz über die Gentechnik im Ausserhumanbereich (GTG) geregelt. Der Verein ohneGift lehnt die Regelung der neuen Züchtungstechnologien in einem separaten Gesetz ab. Eine doppelte Regulierung schafft Rechtsunsicherheiten und zusätzlichen Aufwand.
- Keine «perversen» Zuchtziele
Die neuen gentechnischen Verfahren bieten Chancen für Züchtungen mit sinnvollen Zuchtzielen, beispielsweise verbesserte Nährwerte, Krankheits- und Schädlingsresistenzen, Toleranz gegen abiotischen Stress. Leider sind Züchtungen mit «perversen»[1] Eigenschaften global verbreitet, beispielsweise herbizidtolerante Maissorten. Solche perversen Züchtungen, die die Umweltbelastung erhöhen, müssen in der Schweiz zwingend verhindert werden.
Fazit
Der Bund investiert kaum in die Pflanzenzüchtung, etwa ein Tausendstel von rund 4 Milliarden Franken, die er jährlich für den Agrarsektor ausgibt.[2] Angesichts der Probleme für einen nachhaltigen Pflanzenbau, die sich mit der Klimaveränderung noch verschärfen, ist der marginale Stellenwert der Pflanzenzüchtung in der Schweizer Agrarpolitik nicht nachvollziehbar.
Die neuen gentechnischen Verfahren haben Potential zu einer umweltschonenden und klimaresilienten Nahrungsmittelproduktion beizutragen. Doch bergen die neuen Züchtungen auch Risiken, beispielsweise wenn sie zueiner weiteren Intensivierung der Landwirtschaft mit Mehreinsatz von Düngern und Pestiziden führen. Für den Verein ohneGift ist entscheidend, Züchtungen zu verhindern, die Landwirtschaftsbetrieben finanzielle Vorteile bringen, jedoch der Umwelt und den Menschen schaden. Ein klarer rechtlicher Rahmen im Gentechnikgesetz und der zwingende Nachweis eines Umweltmehrwerts sind Voraussetzungen, damit die neuen Technologien in der Schweiz erfolgreich und verantwortungsvoll angewendet werden können.
[1] Der Begriff «pervers» ist aus der Umweltökonomie entlehnt. Als «pervers» werden Subventionen bezeichnet, die Anreize für Umweltbelastung, -zerstörung darstellen.
[2] Gemäss BLW (2016, Strategie Pflanzenzüchtung 2050) wurden 2013 für die öffentlich finanzierten Züchtungsprogramme ca. 4 Millionen Franken ausgegeben. Neuere Zahlen wurden nicht gefunden.
