Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen gewinnt den Website-Fall zum Pestizid Chlorothalonil gegen Syngenta

Nach dem Verbot von «Chlorothalonil» im Dezember 2019 erhob die Herstellerfirma Syngenta zwei Beschwerden vor dem Bundesverwaltungsgericht. Nun hat das Gericht die erste Beschwerde zu Gunsten des Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen entschieden. Der zweite Fall ist noch hängig (Stand 15. April 2024).
Das Bundesveraltungsgericht ist in St. Gallen.
Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Quelle: ©: BVGer

Das Wichtigste in Kürze:

  • Syngenta erhob vor dem Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.
  • Die Beschwerde wurde teilweise abgewiesen.
  • Die Entscheidung im zweiten Fall ist noch hängig.

Nach dem Verbot des wahrscheinlich krebserregenden Pestizids «Chlorothalonil» im Dezember 2019 durch den Bund erhob die Herstellerfirma Syngenta zwei Beschwerden vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die erste richtete sich gegen das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), welches auf seiner Website unangenehme Ausführungen zu Chlorothalonil gemacht hatte (im Folgenden «Website-Fall»). Die zweite Beschwerde wandte sich gegen den Widerruf (sprich: Verbot) von Pflanzenschutzmitteln mit Chlorothalonil.

 

Nun fällte das Bundesverwaltungsgericht am 20. März 2024 das Urteil im Website-Fall[1]. Die zweite Beschwerde ist noch hängig (Stand 15. April 2024). 

 

Im Website-Fall hatte Syngenta geltend gemacht, das BLV habe ihre Persönlichkeit, ihren guten Ruf und die Wirtschaftsfreiheit verletzt, weil es auf seiner Website zum einen ausführte, Abbauprodukte von Chlorothalonil gelangten ins Trinkwasser; das Wasser dürfe zwar noch getrunken werden, Abbauprodukte von wahrscheinlich krebserregenden Stoffen im Trinkwasser seien aber nicht erwünscht. Zum anderen wies das BLV die Wasserversorger, Gemeinden und Kantone an, nachhaltige Lösungen für die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen zu finden (sprich: Konzentration Abbauprodukte im Trinkwasser < 0.1 Mikrogramm pro Liter). Syngenta fühlte sich durch diese Aussagen in ihren Grundrechten verletzt.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass die Beschwerde von Syngenta unberechtigt ist.

 

Prozessual ist bei solchen Beschwerden verlangt, dass Beschwerdeführende ein Rechtsschutzinteresse haben. Dazu hätten zwei Bedingungen erfüllt sein müssen (E. 4): Erstens hätte die gerügte Handlung des BLV (Formulierungen auf Website) die Beschwerdeführende in ihren Grundrechten berühren müssen. Syngenta hat aber nicht begründet, warum ihre Grundrechte betroffen sein sollen (E. 4.6.2 f.), was in solchen Fällen meist zum Verlust der Legitimation (Prozessführungsrecht) führt. Zudem konnte das Gericht keine adäquate Kausalität zwischen der gerügten Handlung (Website) und Berührung von Syngenta in Rechten und Pflichten erkennen. Dazu trug auch bei, dass Syngenta auf der Website des BLV nicht erwähnt wird und zur «causa Chlorothalonil» schon vor Publikation der Website kritische Informationen in Presse und Politik zirkulierten (E. 4.6.4 f.).

 

Zweitens verneint das Gericht ein schutzwürdiges Interesse von Syngenta an der Beschwerde gegen die Website des BLV, weil die Hauptfrage, ob das BLV die Toxizität der Abbauprodukte zutreffend beurteilte, im zweiten, noch hängigen Prozess zum Widerruf der Pflanzenschutzmittel mit Chlorothalonil entschieden wird. Dieser Entscheid darf nach Auffassung des Gerichts nicht auf einem Nebenschauplatz (Website-Fall) vorweggenommen werden (E. 4.7 f.).

 

Schliesslich, und dies ist das verwirrende an diesem Urteil, heisst das Gericht die Beschwerde trotzdem teilweise gut; allerdings nur, weil es von Amtes wegen die vom BLV zunächst falsch anerkannte Legitimation von Syngenta verneint. Im Ergebnis unterliegt Syngenta materiell wie auch mit Bezug auf die Legitimation vollumfänglich (E. 5.1).

 

Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Die Frist für eine Beschwerde an das Bundesgericht dürfte Ende April 2024 ablaufen. Ob Syngenta ihr Glück vor der höchsten Instanz versucht, ist derzeit ungewiss.

 

Das ganze Urteil kann hier gelesen werden:

 

Urteil Chlorothalonil Fall Website BLV B-3340-2020vpm 20-März 2020

 

 


[1]        https://bvger.weblaw.ch/pdf/B-3340-2020_2024-03-20_7dc4cdb6-d34a-4575-bfa8-c163c667bcbf.pdf

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